Interview

Interview

„Der Sturz der Möwe” ist das erste Theaterstück der mit ihrem Debütroman„Mittelstadtrauschen” überaus erfolgreichen Autorin Margarita Kinstner. Hapé Schreiberhuber konnte die Uraufführung beim Styraburg Festival in Steyr sichern! In dem Stück wird das 1895 von Anton Tschechow geschriebene Drama„Die Möwe” in unsere Zeit transferiert. 

Ein Interview mit der Schauspielerin Rita Hatzmann.

Mein Schauspiel-Kollege Erich Knoth hatte die Idee ein Stück mit Bezug zu Tschechow zu spielen, er hat den Regisseur Michael Grimm, die Autorin Margarita Kinstner und mich gefragt ob wir das machen wollen. Wir haben auch den freien Kunstverein "Ensemble21" gegründet um diese Produktion zu realisieren. Wir beschäftigen uns alle schon länger mit Tschechow. Dieser überaus interessante russische Autor schafft es, die Nuancen der menschlichen Psyche literarisch zu verarbeiten. Seine Figuren erleben Höhen und Tiefen obwohl rein äußerlich oft nicht viel passiert. Gerade deren Unfähigkeit Entscheidungen zu treffen verhindert die persönliche Weiterentwicklung. In den Beziehungskonstellationen liegt das Konfliktpotential, das diese Charaktere wiederum so spannend macht. Als ich Tschechow zum ersten Mal las, hat mich eines sofort angesprochen: Dass wir es uns oft zwischenmenschlich sehr schwer machen, indem wir über die Dinge, die uns wirklich wichtig sind im Leben, nicht sprechen können.

Welche Verbindung gibt es konkret zum Stück von Tschechow?
Wir haben zwei Figuren aus dem Stück von Tschechow herausgenommen, das Ehepaar Mascha und Simon. Dabei passiert es aber, dass wir denken es wäre alles in Ordnung und zum Beispiel gar nicht merken dass die Partnerin etwas ganz anderes möchte. Frauen sind vielleicht traditionell noch eher etwas zurückhaltender als Männer. Mascha ist auch um einige Jahre jünger als Simon und war eigentlich in einen anderen Mann verliebt, nämlich in den jungen Schriftsteller Konstantin. Der liebte sie aber nicht und Simon war immer schon sehr verlässlich und nett, so kam es, dass sie ihn geheiratet hat. An dem Punkt wo wir in das Stück einsteigen möchte sie sich eigentlich von Simon trennen. Sie weiß aber nicht wie.

Müssen die ZuschauerInnen Tschechow kennen, 
um das „Der Sturz der Möwe” zu verstehen?

Nein, das ist nicht notwendig, es ist ein völlig eigenständiges neues Theaterstück. Wer Teschechow kennt, wird Vergleiche ziehen können oder sich denken „Ah, das haben sie weiterverwendet". Wir freuen uns sehr, dass Margarita Kinstner mit uns dieses Drama entwickelt hat. Die Dialoge sind inhaltlich sehr gehaltvoll, vieles liegt zwischen den Zeilen. Die Sprache ist aktuell und literarisch hochwertig. Der Debütroman von Margarita Mittelstadtrauschen ist mittlerweile im gesamten deutschen Sprachraum beliebt.  

Wie sind Ihre Vorstellungen in die Arbeit der Autorin eingeflossen?
Es ist eine ganz einzigartige Zusammenarbeit entstanden. Wir haben Margarita unsere Ideen zu den beiden Figuren erzählt und sie hat dann ein vollständiges Theaterstück daraus gemacht! Es wird dreimal der gleiche Abend gezeigt, der sich durch kleine Änderungen jeweils in eine völlig unterschiedliche Richtung entwickelt. Auch kleine Entscheidungen, wie wir sie in jeder Sekunde treffen, können unserem Leben eine ganz neue Wendung geben. Als ich die szenischen Texte, die Margarita für uns geschrieben hatte, zum ersten Mal las, habe ich meine Rolle sofort verstanden. Ich war sehr überrascht, wie gut ich nachvollziehen konnte, was diese Frau erlebt.

Sie leben in Wien bzw. in Graz, wie kommt es, 
dass „Der Sturz der Möwe” gerade in Steyr uraufgeführt wird?

Das Alte Theater in Steyr ist eines der wenigen noch vollständig erhaltenen alten Stadttheater; es ist ein wunderschöner Rahmen für unsere Erstaufführung. Ich habe hier 2001 in der „Rocky Horror Show” die Janet gespielt. Es waren immer tolle Vorstellungen und ich freue mich sehr darauf, wieder hier zu spielen! Als ich 2011 in Wien am Burgtheater engagiert war, habe ich Hapé Schreiberhuber kennengelernt und vom Styraburg Festival erfahren. Ich habe ihm von unserer Stückidee erzählt und nun hat er uns eingeladen. Wir proben zur Zeit jeden Tag mit unserem Regisseur Michael Grimm, auch ein Oberösterreicher. Das Bühnenbild und die Requisiten kommen nach und nach dazu, und das Stück wird immer reichhaltiger.